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Himmel in Flammen

Hagal 4/2004

 

            In der Geschichte der Kunst des 14. Jahrhundert stoßen wir auf etwas Merkwürdiges: Nämlich die Tatsache, dass man in jener Zeit auf rotem Untergrund zu malen begann. Auf dem Hintergrund von Madonnen und Heiligen glüht roter Himmel. Der Meister des Wittingauer Altars malte sogar einen mit Sternen übersähten Nachthimmel; dies jedoch in Rot, was uns unbegreiflich zu sein scheint. Das war keinerlei technischer Trick, um einige Elemente optisch hervortreten zu lassen. Doch wir müssen uns vor allem gewahr werden, dass die mittelalterlichen Maler noch keine irdische, sondern eine geistige Umgebung abbildeten.

            Der goldene Malgrund der Gemälde ab dem 13. Jahrhundert bedeutete das Licht der Weisheit, das geistige Gold der Scholastik, das in der Zeit des Erzengels der Sonne in der geistig gedanklichen Atmosphäre der Welt erstrahlte. Der rote Untergrund stellt das geistige Eisen dar, das Feuer des Willens, das im 14. Jahrhundert der Erzengel des Mars in die Atmosphäre fließen ließ. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts war Samael nicht nur der große (1171-1525), sondern auch der kleinere Geist der Zeit (1341-1413). Der Himmel loderte für einen historischen Augenblick im reinen Feuer des Mars auf.

            Auf rotem Untergrund malten während der ganzen samaelischen Epoche auch die besten indischen Maler (die Schule von Gutscharat). Im Jupiterzeitalter um das Jahr 1500 gingen die Renaissancemaler zu einem hellblauen Hintergrund über und die indischen Maler taten es ihnen gleich. So erfassten die Künstler den Wechsel der Zeitgeister in verschiedenen Teilen der Welt ganz unabhängig voneinander.

            Mitte des 14. Jahrhunderts standen nicht nur die gotischen Altäre in Flammen, sondern auch ganze Kathedralen. Die „Gothique rayonnante“ (frz. Strahlenornamentik) aus dem Zeitalter der Sonne wandelte sich in die „Gothique flamboyante“ (frz. Flammengotik). Die Fensterbögen, Portale, Türme und Deckendekorationen verbogen sich und nahmen in zweifach konvexen und konkaven Linien die Form von Flammen an. Die Osmanen begannen mit dem Bau von kerzenförmigen Minaretten, in Mittelasien entstanden zwiebelförmigen Kuppeln und das südöstliche Asien wurde mit nadelförmigen buddhistischen Dagoben übersäht. Die Formen der Weltarchitektur wurden spitz und scharf. Unter dem austrocknenden Einfluss des Geistes der Zeit erlangte sie Formen, die den Marspflanzen ähnlich sahen – jenen mit Dornen, oder feurig scharfe, bittere Stoffe enthaltend. Wenn jemand den abendlichen Horizont der mittelalterlichen Städte mit dem Zeitraffer beobachten würde, sähe er, wie sie in dieser Zeit jäh aufflammten.

            Die Flammensymbolik durchdrang auch die Mode. Der reinste Ausdruck für alles verlängerte, spitze und scharfe stellt die gotische Kegelhaube (Henin) dar. Die typischen Schnabelschuhe hatten bis zu zwei Füße lange Spitzen, so dass sie mit einer Kette an der Taille festgebunden werden mussten, um sie überhaupt tragbar zu machen. Die Mode der eng anliegenden Kleider mit ausgestopfter Brust und tief angelegter Taille hob alles männliche hervor. Das Rot wurde zur beliebtesten Farbe in der Kleidung. Erinnern wir uns nur an die rote, spitze Kapuze der Hussiten, deren Enden in Form von Flammenzungen auf die Schultern überfließen.

            Diese Formen sind unbeirrbar ein Ausdruck des cholerischen, explosiven Temperaments der damaligen Menschen. Das Eisen, dem die Gesteine auf dem Mars ihre rötliche Farbe verdanken, fließt im menschlichen Blut und reguliert die oxidativen, resp. reduktiven Prozesse (das heißt das Verbrennen) in den Muskeln. Wenn es den heutigen Ärzten möglich wäre, den Menschen aus dem 14. Jahrhundert die Temperatur zu messen, würden sie überrascht feststellen, dass sie unentwegt leichtes Fieber hatten.

            In kaum einer anderen Epoche waren Gewalt, Kriege und Bauernaufstände eine so permanente Erscheinung. Die Weltbevölkerung sank um mehr als einen Drittel, außer anderem auch wegen der Pest, die die Menschheit um das Jahr 1347 geradezu nieder mähte. Zum Vorbild für die zwiebelförmigen Kuppeln wurde das Grabmal des Tamerlan, „des eisernen Mannes“, der kurz vor dem Jahr 1400 in ganz Asien Minarette aus menschlichen Totenköpfen errichten ließ. In Mexiko floß ein ununterbrochener Strom von Blut von den Menschenopfern in den aztekischen Tempeln und in Nordamerika verschwand die Hälfte der hoch entwickelten Kulturen spurlos. Südafrika wurde menschenleer und Australien mit Festungen übersäht. Die Leidensnot der Menschheit durchzog unter den Schwingen des Erzengels des Todes das Antlitz der Welt mit Furchen.

            Mitte des 14. Jahrhunderts ging das Weltdenken beinahe unter. Die Szene betraten philosophische Voluntaristen und dunkle Mystiker des Willens. Voluntas est superior intellectu – klang das Motto der Zeit gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Der Wille war dem Intellekt damals tatsächlich übergeordnet, denn die Impulse des Weltgeistes erreichten den Menschen in dieser Zeit über das Element des Willens und nicht seines Denkens.

            Die selbe Charakteristik der Zeit wie im 14. Jahrhundert lässt sich auch in jener Ära feststellen, die 2500 Jahre in die Vergangenheit zurückreicht. Auch das 12. Jahrhundert v. Chr. war solch eine marsianische Zeit und die gegenseitige Ähnlichkeit der kulturellen Physiognomie der Welt in beiden Epochen springt einem buchstäblich ins Auge. Es war die Zeit des Trojanischen Krieges. Die Einfälle der Seevölker ruinierten damals die blühenden Reiche der Alten Welt und die kulturelle Verwüstung nahm solche Ausmaße an, dass sogar das Wissen über die Schrift verlorenging. Es ist dies ein weißer Fleck in der Geschichte, welcher der Kargheit an Überlieferungen wegen das dunkle Zeitalter des Altertums genannt wird. Es war eine Zeit, in welcher sich die Kenntnis über ein neues Metall in der alten Welt verbreitete – des Eisens und der Herstellung von eisernen Waffen. Die Eisenzeit, das Zeitalter des Mars hatte begonnen. Auf Felsenreliefs aus dieser Zeit sehen wir Abbildungen der Hetiter – eines Volkes, welches das Geheimnis des Eisenhüttenwesens lange bewacht hatte – in gotische Kegelhauben und Schnabelschuhe gekleidet!

            Reihen wir nun also alle geschichtlichen Epochen mit marsianischer Physiognomie auf einer Zeitachse auf: Der Einfall der Hunnen im 4. Jahrhundert; die Angriffe der Wikinger und die Invasion der Magyaren im 9. Jahrhundert; die Einfälle der Mongolen im 13. und 14. Jahrhundert. Regelmäßig kehren sie alle 500 Jahre wieder. Die babylonischen Priester wussten um diesen Rhythmus und erklärten ihn so, dass Nergal (der Gott des Planeten Mars), der schreckliche Dämon der Pest, den lediglich der Tod befriedigt, die Herrschaft über die Welt in dieser Zeit vorübergehend an sich reißt.

            Im Zyklus „Über die Sendung der Volksseelen“ beschreibt Rudolf Steiner, wie die Wirkung der Wesen des 5. Engelschores (dynameis das heißt der Sphäre des Mars) irdisch im Herzen von Asien verankert ist. Von dort aus, aus den asiatischen Steppen, gingen regelmäßig alle 500 Jahre Einfälle von Nomadenvölkern aus, welche zum Sprengkörper von lawinenartigen Völkerwanderungen und allgemeinen Verwüstungen wurden. In den Jahrhunderten vor Christus waren es im 2. Jahrhundert die Hsiung-nu; im 7. Jahrhundert die Kimmerer; im 12. Jahrhundert die Meervölker; im 17. Jahrhundert die Hyksos; im 22. Jahrhundert die Gutäer.

            Es ist dies die ideologische Brille, die die Geschichtsschreiber diesem Rhythmus gegenüber blind macht. Den weltweiten und lang andauernden Charakter dieses Rhythmus  kann man mithilfe von exakten mathematischen Methoden der Inferenzstatistik dokumentieren. Verwenden wir zum Beispiel die Labilität (Kurzlebigkeit) der ägyptischen Dynastien als exaktes Maß der politischen Instabilität und des Chaos im Lande. Wir bemerken, dass sie sich alle 500 Jahre zu einem Höchstmaß steigerte: Um die Jahre 2650, 2150, 1650, 1150, 650 v. Chr. Die ägyptische Geschichte war durch den 500-jährigen Rhythmus beherrscht, der statistisch hoch signifikant (p < 0.00002) und identisch mit dem uralten Rhythmus des Erzengels Samael ist. Die sog. „Übergangszeiten“ in der ägyptischen Geschichte stimmen mit den Samaelzeitaltern überein. Alle 500 Jahre zersplitterte die zentrale Macht des Pharao.

            Die Lehrbücher pflegen diese Tatsachen jedes Mal einer anderen Ursache von lokalem Charakter zuzuschreiben (zum Beispiel den geringen Überschwemmungen des Nils). Der synchrone 500-jährige Rhythmus gilt jedoch auch für die chinesischen Dynastien: Sie zerfielen parallel mit den Übergangszeiten in Ägypten. Der Wheelersche Versuch, diese Zeiten des Chaos mit der globalen Wetterlage in Verbindung zu bringen, hat sich nicht bestätigt, da nämlich die kalten und trockenen Epochen nicht mit den Epochen des Chaos korrelieren.

            Doch denken wir an dieser Stelle an die altertümliche Idee der ékpyrósis, dem sog. Weltenbrand. Herakleitos, der Eingeweihte aus Ephesos hatte sie sicherlich schon gekannt und sehr populär wurde sie in den Zeiten des römischen Reiches. Jedes platonische Jahr, nämlich dann, wenn die Sterne wieder auf ihren Ausgangspunkt zurückkehren, geht die Welt in Flammen auf. Es ist gleichzeitig das Ende der Welt sowie seine Läuterung und Erneuerung. Die Stoiker schätzten die Länge dieses Zyklus auf zehntausende oder hundertaustende von Jahren; die indischen Weisen sogar auf Millionen und Milliarden. Man kann sagen, dass auch jede platonische Woche ein kleiner Weltenbrand entflammt, und zwar einmal in 500 Jahren.

            Die stoische ékpyrósis und die sog. „Weltuntergänge“ sind kein Mythos, sondern eine reine Tatsache. Für jene in solch einer Epoche lebenden Menschen geht die Welt, die sie bis dahin gekannt hatten, zu Ende. Das Alte, Mittlere und Neue Reich Ägyptens zerfiel im Marszeitalter; mit dem marsanischen 4. Jahrhundert geht das Römische Reich unter und es bedeutet auch das Ende der Antike; mit dem 14. Jahrhundert endet das Mittelalter. Das Periodisieren der Geschichte gründet sich allgemein auf dem samaelischen Rhythmus.

            Für die materialistische Wissenschaft wird der Hintergrund all dieser Tatsachen ein ewiges Rätsel bleiben, da sie nämlich davon ausgeht, dass der Mensch stets derselbe sei und dass die bewegenden Kräfte der geschichtlichen Veränderungen somit nur außerhalb, nämlich in den geographischen oder klimatischen Bedingungen zu suchen seien. In Wirklichkeit wird aber die ätherische Atmosphäre der Erde regelmäßig mit Wärmeäther gefüllt, der mittels des Eisens im Blut, das Blut in unseren Adern erhitzt und das menschliche Temperament wird cholerischer. Die Maler des 14. Jahrhunderts haben durch den roten Hintergrund zum Ausdruck gebracht, wie der geistige Himmel der Erde brennt; sie malten den Weltenbrand, der jeden platonischen Dienstag im periodischen Rhythmus entflammt.

            Im Jahre 747 v. Chr. begannen die babylonischen und ägyptischen Priester während der Herrschaft des Königs Nabonassar die Jahre einer neuen Ära zu rechnen – das Zeitalter des Widders. Zählen wir also 37 x 72 Jahre, in denen sich der Frühlingspunkt in der Präzessionsbewegung um 37 Bogengrade bis in den Bereich von 25º der Fische verschob, in welchem Mars herrscht - es ergeben sich die Jahre 1917-1989.

            Die 72 Jahre Kommunismus stellten das letzte Marszeitalter in der Geschichte dar. Die rote Fahne der Revolution war schon in den Zeiten der Hussiten, der Anhänger der Mazdak-Bewegung, der Donatisten und anderer antiker „Kommunisten“ das Symbol von radikalen Bewegungen der Gleichstellung. Im sowjetischen Block des Sozialismus kehrte die Gesellschaftsordnung des antiken Sparta bis in die unglaublichsten Details wieder: Bis zum Ausreiseverbot oder dem Verbot, Gold und ausländische Währungen zu besitzen; den Spartakiaden und der allgemeinen Wehrpflicht; der Geheimpolizei und der kulturellen Politruks; der kollektiven Verpflegung und der Veruntreuung von gemeinsamem Besitz; dem Zerstören der Familie und der staatlich gelenkten Erziehung der Kinder.

            Als im 4. Jahrhundert der Hunne Attila in Europa einfiel, wusste man, dass es sich um die Verkörperung des Erzdämons des 5. Engelschors handelte - in der christlichen Tradition Satan genannt; auf Münzen wurde er mit spitzen Ohren, einem Spitzbärtchen und Hörnern abgebildet. Im 20. Jahrhundert wirkte dieselbe Macht in einer um so schlimmeren Weise – schlimmer, da sie für uns gänzlich unbewusst blieb. Die roten Nischen  der revolutionären Traditionen waren die Heiligtümer der gefallenen Marswesen. Der ideologische Hass und die organisierte Gewalt erreichten im 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt.

            Wie wir uns doch damals damit brüsteten, die alten Aberglauben von den Göttern bereits hinter uns gelassen zu haben! Doch der alte Sutech-Nergal-Mars hatte uns erneut eingeholt. Ihm liegt nämlich überhaupt nichts daran, ob unsere Lippen sich zu den Phrasen des Atheismus bekennen oder nicht; vielmehr liegt ihm aber etwas daran, wie wir faktisch handeln.

 

 

Páleš, E: Seven archangels. Rhythms of Inspiration in the History of Culture and Nature. Sophia, Bratislava, 2009.

Páleš, E.: Angelologie der Geschichte. Sychronizität und Periodizität in der Geschichte. Erweiterte zweite Auflage in tschechischer Sprache. Sophia. Bratislava, 2004.

Páleš, E., Mikulecký, M.: 500-year Periodicity in the History of Ancient Egypt. Gesendet an: Journal of Mathematical Sociology.

Steiner, R.: Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1982.

Wheeler. R. H.: Climate, the key to understanding business cycles. Tide Press, Linden, 1980.